Ständerwerk
Geometrie
Ständerwerk ≠ Ständerwerk
Wir haben eine lange Reise der Tragwerksmodellierung von Ständerwerken hinter uns und möchten Dir einen kleinen Einblick in die Thematik geben.
2015
Traditionelles Ständerwerk
Ein traditionelles Ständerwerk ist dominiert von Pfosten (senkrechten Stäben). Für Durchbrüche, wie etwa Fenster und Türen, werden Riegel (waagerechte Stäbe) nach Bedarf eingebaut. Zur Aussteifung gegen eine Parallelogrammverschiebung werden dann Windrispen (Stahlbänder), im Idealfall kreuzweise, auf das Ständerwerk aufgebracht. Alternativ kann diese Aussteifung über Kopfbänder oder vergleichbare diagonale Stäbe erfolgen.
2018
Rautenständerwerk
Unser Rautenständerwerk ist aus der statischen Analyse heraus entstanden, dass Tiny Houses gegenüber großen Gebäuden weniger von vertikalen und mehr von lateralen und horizontalen Kräften beansprucht werden. Ein traditionelles Tragwerk kann aus diesem Grunde tragwerkstechnisch prinizipiell nicht die 1. Wahl sein.
Wir haben uns in aufwendiger Entwicklungsarbeit daran gemacht, ein Ständerwerk zu entwickeln, welches eben diese lateralen und horizontalen Kräfte ideal abträgt und sind nach über 700 Iterationen zu dem Rautenständerwerk gelangt, wie es in unserem Musterhaus zu sehen und spüren ist.
2019
Hybrid-Ständerwerk
Im Hybrid-Ständerwerk haben wir die charakteristischen Vorteile des traditionellen und des Rautenständerwerks kombiniert.
Das traditionelle Ständerwerk hat zwar keine tragwerkstechnischen Vorteile, bietet aber ein reguläres senkrechtes Raster zur waagerechten und senkrechten Verschraubung von Innen- und Außenverkleidung. Der Wert steckt in seiner Praktikabilität.
Das Rautenständerwerk genießt ganz klar Alleinstellungsmerkmal in der Effizienz als Tragwerk, der primären Aufgabe eines Ständerwerks.
Durch die Kombination der beiden Systeme konnten wir die Praktikabilität des traditionellen Ständerwerk komplett erhalten und die Effizienz des Rautenständerwerks etwas weniger pointiert, aber doch in erstaunlich hohem Maße beibehalten.
Die Ingeneiursarbeit an >1000 Modellen hat uns vom traditionellen zum Rautenständerwerk und schließlich zu einem Allrounder mit Spitzenwerten geführt, unserem Hybridständerwerk.
2020
Strebenfachwerk (light wood framing)
Die Entwicklung von dem Hybrid-Ständerwerk weg, hin zum Strebenfachwerk rührt daher, dass wir einen Weg gefunden haben, unsere Fassade auch mit dem Einsatz von weniger Balkenware zu montieren.
Es ist außerdem von Vorteil, die Diagonalpfosten über die gesamte Höhe durchlaufen zu lassen, und keine Unterbrechung inmitten der Diagonalen zu haben. Wechsel haben wir deswegen trotzdem. Für Fenster, Lofts oder für die Montage unserer Fassadenelemente. Diese sind aber im Vergleich zu der Rautenbauweise weniger dramatisch, da die Diagonalpfosten, welche den Großteil der Kräfte aufnehmen, aus einem durchgehenden Stück Holz gefertigt sind.
2022
Strebenfachwerk (timber framing)
Timber Framing verwendet im Vergleich zum Light Wood Framing weniger Hölzer mit größerem Querschnitt. Das lässt unsere Bauweise immer mehr an den traditionellen Fachwerkbau erinnern, den man aus Fachwerkhäusern eben kennt.
Der Einsatz von wenigen, dafür massiveren Diagonalpfosten führt zwar nicht unbedingt zu dem Einsatz von weniger Holzmasse insgesamt, dafür bringt er andere Vorteile mit sich, welche die Einbußen im Leichtbau wieder fit machen.
So spart man sich eine Menge an teurer Verbindungstechnik und Arbeitskraft, da einfach weniger Verbindungen durchzuführen sind. Sei es im Wechsel oder bei der Anbindung an Chassis oder Rähm.
Die physikalischen Eigenschaften im Blick auf Kraftaufnahme etc. steigen ebenfalls erheblich bei dem Wechsel auf einen größeren Querschnitt.
Lust auf etwas Tragwerkstechnik?
Du findest im folgenden softe Theorie zum Eintauchen:
Faserrichtung trumpft
In der Konzeptphase eines Ständerwerks ist es sinnvoll festzustellen, in welcher Reihenfolge die vertikalen, horizontalen und lateralen Lasten auf das Gebäude dominieren.
Die meisten Fasern des Ständerwerks sollten nämlich in eben diese dominierende Lastrichtung verlaufen. Denn Faserwerkstoffe, wie Holz, sind meist um einen Faktor von bis zu 8 leistungsfähiger darin, Lasten in Richtung ihres Faserverlaufs aufzunehmen, als sie es rechtwinklig zu ihrem Faserverlauf sind.
Nun verhält es sich natürlich nicht ganz so einfach. Denn Lasten treffen nicht ausschließlich vertikal, horizontal und lateral auf das Gebäude. Kräfte wirken aus allen Richtungen, sogar solche, die das TIny House geradewegs in den Himmel heben möchten.
Eine nahezu ideales Ständerwerkkonzept ist unter anderem deswegen ohne statische Computersimulationen praktisch nicht möglich. Es bleibt jedoch der Grundgedanke, dass Ständerwerke grundsätzlich nach ihren dominanten Faserrichtungen beurteilt werden können, weil Faserrichtung trumpft.
Oberflächen-Volumen-Verhältnis indiziert Parallelogrammverschiebung
Tiny Houses haben grundsätzlich ein besonders hohes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Nehmen wir exemplarisch ein Tiny House in Würfelform mit 10m Länge, 2,5m Breite und 4m Höhe. Dem gegenüber stellen wir ein Haus in Würfelform mit 12m Länge, 10m Breite und 9m Höhe.
Tiny House
Oberfläche: 150m² ((10m*2,5m+10m*4m+2,5m*4m)*2)
Volumen: 100m³ (10m*2,5m*4m)
Verhältnis: 1,5 (150/100)
Haus
Oberfläche: 636m² ((12m*10m+12m*9m+10m*9m)*2)
Volumen: 1.080m³ (12m*10m*9m)
Verhältnis: 0,59 (636/1.080)
Das Oberflächen-Volumen-Verhältnis des Tiny Houses ist etwa 2,5 (1,5/0,59) mal so groß wie das des Hauses. Das ist ein sehr großer Sprung. Erhöhen wir zur Verdeutlichung das besagte Verhältnis noch einmal um 2,5 vom Haus aus, landen wir etwa bei dieser beinahe palastartigen Größe mit 35m Länge, 25m Breite und 20m Höhe.
Palast
Oberfläche: 4.150m² ((35m*25m+35m*20m+25m*20m)*2)
Volumen: 17.500m³ (35m*25m*20m)
Verhältnis: 0,23 (4.150/17.500)
Die Veränderung des Oberflächen-Volumen-Verhältnis zum Tiny House hin, sollte Beachtung finden. Denn je höher das Oberflächen-Volumen-Verhältnis, desto mehr muss das Ständerwerk Parallelogrammverschiebungen widerstehen.
Zur Veranschaulichung der Thematik eine Analogie: Stell Dir ein Tauziehen vor, bei der jeder Mensch nur mit dem linken Arm ziehen darf und mit der rechten ein 10kg-Gewicht in den Himmel strecken muss. Nun steht auf einen Seite ein Elefant und auf der anderen 10 Männer und Frauen. Im nächsten Schritt ersetzen wir diese 10 Menschen durch 1 Person, die ebenso stark ist wie die vorigen 10 gemeinsam. Nun muss die eine Person mit dem linken Arm wie die 10 Menschen zuvor einen Elefanten bezwingen, mit dem rechten Arm, muss er aber nur 10kg hochheben weil er 1 Mensch ist, wohingegen zuvor 100kg in den Himmel gestreckt werden mussten.
Übertragen gesprochen kürzen wir ein Gebäude von 10m Breite auf 1m Breite. Das Gebäude muss nun natürlich nur 10% der Schneelast aufnehmen weil das Dach um 90% verkleinert wurde (Dies sind die 100kg auf 10kg). Die Länge des Hauses hat sich jedoch nicht geändert und dort trifft die Windlast mit derselben Kraft auf (Dies ist der Elefant, dessen Kraft unverändert bleibt).
Betrachten wir also nur die Schneelast erscheint es, dass wir unser Ständerwerk in derselben Art beibehalten und nur im selbem Maße mit der Breite des Gebäudes kürzen. Betrachten wir jedoch die Windlast, darf das Ständerwerk gar nicht gekürzt werden.
Das zur Verfügung stehende Holz in der 1m breiten Wand muss nun viel mehr waagerechte Last als senkrechte Last abtragen. Ist der Stiel zu senkrecht ausgerichtet, kommt es also zunehmend zu Parallelogrammverschiebungen. In anderen Worten: Die Raumtiefe, und damit das Potential der Wand, dem Wind zu widerstehen, nimmt ab. Im Gegenzug müssen die Stäbe waagerechter ausgelegt werden also zuvor, um zum kompensieren, dass nun weit mehr waagerechte als senkrechte Lasten vorhanden sind.
Auf diese Weise induziert ein zunehmendes Oberflächen-Volumen-Verhältnis die Gefahr einer Parallogramverschiebung. Noch einmal in anderen Worten: Mit zunehmendem Oberflächen-Volumen-Verhältnis werden waagerechte Fasern im Ständerwerk immer wichtiger und senkrechte unwichtiger.
Material
Fichtenholz
Dichte und Verfügbarkeit
Unter den Konstruktionshölzern vereint Fichte ein geringes Gewicht von 350-450kg/m³, je nach Qualität, mit einer preiswerten Verfügbarkeit im Einkauf. Im Bau von Tiny Houses gibt es aus diesem Grund wenig Anlass, auf andere Materialien zu wechseln.
Brettschichtholz
Technologischer Leichtbau
Brettschichtholz wird hergestellt, indem Fichtenbalken, stets mit einer Höhe von 4 cm, aufeinander gestapelt und unter Druck verleimt werden. Das Ergebnis ist ein Brettschichtholz mit großer Geradlinigkeit und physikalischen Eigenschaften, welche die von normalem Fichtenholz übersteigt. Durch das stabilere Material bedarf es insgesamt weniger Gewicht, um ein Tiny House zu bauen.
Nicht in Frage kommende Alternativen
Unter den Konstruktionshölzern gibt es neben der Fichte etwa die Birke oder auch Buche. Ihr Verhältnis von Stabilität zu Gewicht liegt jedoch nie so günstig, wie das von Fichte.
Metalle sind abgesehen von wenigen Ausnahmen im Bau von Tiny Houses ungeeignet. Der Grund: Kältebrücken.
Materialien wie Stahl und Aluminium misst man gelegentlich scherzend den Dämmwert einer offenen Tür bei. Wenngleich das nicht stimmt bestehen sie jedoch nicht den Vergleich zu Holz. Um den Dämmwert von 10cm Fichte (U-Wert=1,06) mit Stahl zu erreichen, benötigen wir 39m (U-Wert=1,08). Bei Aluminium sogar 120m (U-Wert=1,09). Eine solche Wanddicke ist beinahe unvorstellbar und macht deutlich, dass ein Ständerwerk aus Metall eine klare Kältebrücke im Winter und Hitzebrücke im Sommer ist.
Kältebrücken dieser Art sind jedoch nicht nur wärmedämmtechnisch nachteilig. Die Gefahr für Dein Tiny House liegt im Kondensat, zu welchem ein Ständerwerk mit Kältebrücken führt. Als Faustregel gilt, dass Kondensat entsteht, wenn eine Kältebrücke den warmen mit dem kalten Bereich verbindet. Der warme Bereich ist dabei Dein Tiny House und der kalte Bereich die Umwelt. Durch das Aufeinandertreffen beider Temperaturen auf einem stark wärmeleitenden Material kommt es zu Kondensat am Metall. Dieses Kondensat befindet sich nun innerhalb Deiner Wand und kann über kurz oder lang zu Schimmelbildung führen.
Abgesehen von speziellen Ausnahmen raten wir Dir von einem Metall-Ständerwerk stark ab!
Kunststoffe vereinen die gute Witterungsbeständigkeit vom Metall mit der geringen Wärmeleitfähigkeit von Holz. Diese Kombination macht sie sehr interessant.
Gleichzeitig aber sind die baurechtlichen Zulassungen von Kunststoffen als Konstruktionsmaterialien in Deutschland recht rar. Der Bausektor verändert sich nur langsam und Kunststoffe in der Qualität von Konstruktionsmaterial sind noch jung.
Aufgrund des Gewichts von Steinen werden sie im Bau von Tiny Houses nicht in der Konstruktion verwendet.
CNC-Bearbeitung
Allgemein
CNC bedeutet „Computer Numerical Control“. Die CNC-Bearbeitung ist demnach eine Maschinenbearbeitung, bei der die Maschinen von einem Computer und nicht von einem Menschen angesteuert werden.
Bei der Bearbeitung von Konstruktionshölzern bezeichnet man diese CNC-Arbeit auch als Abbund.
Präzision
Der Präzisionsunterschied ergibt sich bei Mensch und Maschine nicht prinzipiell durch ihr Werkzeug. Zwar erhält der Mensch einen Bohrer mit ergonomischen Griff und die Maschine etwa einen Bohrer mit Befestigung über einen Gewindestift, der Bohrkopf aber bleibt derselbe.
Der Unterschied ergibt sich durch die Werkzeug-Führung. Der Mensch führt sein Werkzeug mit handwerklichem Geschick und Erfahrung, die Maschine über einen Computer, welche die Position des Werkzeugs in einem 3D-Koordinatenraster bestimmt.
In sehr einfachen Bearbeitungsschritten kann der geübte Handwerker die Qualität einer CNC-Maschine erreichen. In >90% aller Bearbeitung ist es dem Menschen jedoch nicht möglich, die Präzision von Maschinen zu erreichen.
Qualität: Graduell und Kategorisch
Meist liegt der Vorteil von Maschinen in der Präzision ihrer Bearbeitung. Man kann dies einen graduellen Qualitätsunterschied nennen.
Gelegentlich sind wir aber mit Bearbeitungen konfrontiert, die in erster Linie nicht einmal menschenmöglich sind. Die Maschine bietet an diesen Stellen nicht nur einen graduellen, sondern kategorischen Qualitätsunterschied.
Profil-Fräse
Die Profil-Fräse ermöglicht uns den exakten Zuschnitt unseres Ständerwerks. Mit ihr können wir Schrägen, Ausklinkungen, Bohrungen, Markierungen und mehr in Millimeterpräzision am gesamten Ständerwerk durchführen.
Leichtbau
Relevanz
Warum ist der Leichtbau für Tiny Houses so wichtig?
Führerschein
Anhänger-Zubehör
Der Leichtbau kann grundsätzlich auf zwei Weisen durchgeführt werden: konstruktiv und technologisch.
Konstruktiver Leichtbau
Technologischer Leichtbau
Der technologische Leichtbau umfasst die Gewichtsreduktion durch Technologie. Stell Dir vor einen Anhänger aus Stahl mit einem Gewicht von 500 kg vor. Denselben Anhänger hätte man mit einer anderen Technologie, zum Beispiel dem Material Carbon statt Stahl, mit nur 250 kg bauen können. Das ist technologischer Leichtbau.
Dieses Beispiel ist die einfachste Art von technologischem Leichtbau. Durch die Kombination von Material, etwa bei Komposit-Elementen, ist es möglich, die Stärken einzelner Materialien zu überlagern. In einer Art Kreislauf schützt jedes eine Material mit seiner Stärke die anderen Materialien in ihrer Schwäche. Dadurch wird es möglich, dass das Komposit-Element keine dieser einzelnen Schwächen aufweist.